Ergebnisse des Modellprogramms ‚Aktiv im Alter‘

In den vergangenen drei Jahren haben 175 Kommunen in Deutschland am Modellprogramm „Aktiv im Alter“ teilgenommen. Neben 150 durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geförderten Standorten gab es weitere 25 vom Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen und der Generali Deutschland Holding AG unterstützte Kommunen.
Während der jeweils etwa 18-monatigen Projektlaufzeit wurden an den Standorten vielfältige Aktivitäten unternommen, um „Mitgestalten und Mitentscheiden“ älterer Menschen in Kommunen zu fördern.
Am 22.11.2010 fand unter Beteiligung von Staatssekretär Dr. Hermann Kues die Festveranstaltung zum Abschluss des Programms in Berlin statt, bei der die Erfolge der geförderten Standorte gewürdigt wurden. In einer Podiumsdiskussion diskutierten Staatssekretär Dr. Kues, Prof. Dr. Dr. Ursula Lehr, Dr. Heinz Riesenhuber, Oberbürgermeister Hans Schaidinger aus Regensburg und Prof. Dr. Thomas Klie die Erfolge des Programms sowie die für diesen Erfolg und eine Weiterführung des Programms notwendigen Rahmenbedingungen kontrovers.

Volker Stawski, Stadt Würzburg, bei der Überreichung des Gastgeschenks
Foto: Andreas Kurz
Exemplarisch für die Vielfalt stellten vier Standorte ihre Projekte vor. Darunter auch Würzburg, mit dem Projekt „Bürgerbusse„. Die Präsentation ist hier zu sehen. Prof. Dr. Thomas Klie präsentierte einige Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung:
Mit „Aktiv im Alter“ wurden neue Kooperationen eingegangen und lokale Netzwerke auf- bzw. ausgebaut. Von den 400 ins Leben gerufenen Gremien und Arbeitsgruppen werden 298 über die Programmlaufzeit hinaus fortbestehen.
Bei Bedarfserhebungen und in lokalen Bürgerforen wurden von den über 27.000 teilnehmenden Bürgerinnen und Bürgern 890 Projekte entwickelt und auch umgesetzt. Mehr als ein Viertel dieser Projekte besteht dabei in der Schaffung von Kultur- und Freizeitangeboten sowie der Etablierung von Nachbarschaftshilfen und Dienstleistungen. Für die Umsetzung der Projekte sowie zur Mitarbeit in den neu geschaffenen Gremien konnten über 3.700 Freiwillige gewonnen werden.

Werden die vor Ort für die Projektumsetzung Zuständigen gefragt, was aus ihrer Sicht durch die Teilnahme an „Aktiv im Alter“ erreicht wurde, zeigt sich, dass die Wirkungen weit über die in konkreten Zahlen messbaren Fakten hinausreichen:
Ergebnisse 'Aktiv im Alter'.

Zum Ende des Vortrags präsentierte Prof. Klie zehn Thesen, die das Potenzial betonen, das einem Programm wie „Aktiv im Alter“ innewohnt und die auf dafür notwendige Rahmenbedingungen verweisen:
1. Engagement sichert Teilhabe und Integration der Engagierten und derer, denen es dient. Engagement als Ausdruck demokratischer Beteiligung schafft Sozialkapital und verbindet.
2. Engagement und Beteiligung sind eine Antwort auf den demografischen Wandel. Nur mit den Ressourcen und Logiken von Markt, Staat und Familie lassen sich die damit verbundenen Herausforderungen nicht gestalten.
3. Engagement und Beteiligung sind eine wichtige Form von Altersaktivität. Das Leitbild des Ruhestands ist überholt. Weltweit geht es um ‚active ageing’ in vielfältiger Form.
4. Engagement ist eine wichtige Werkstatt zur Gestaltung lebendiger Generationenbeziehungen. Der Wandel im Generationengefüge, die Herausforderungen der Generationengerechtigkeit und die Geschwindigkeit kulturellen Wandels verlangen nach kreativen und beziehungsstiftenden Formen gesellschaftlichen Miteinanders.
5. Engagement darf bei aller Not-Wendigkeit nicht funktionalisiert werden. Es darf nicht zum Lückenbüßer für sozialstaatliche Engpässe werden.
6. Engagement ist unbezahlbar, aber nicht umsonst zu haben. Im Kern ist bürgerschaftliches Engagement eine Zeitspende. Dieser Wert ist volkswirtschaftlich nicht hoch genug anzusetzen und bedarf förderlicher Infrastrukturen auf kommunaler Ebene und lebt durch demokratische Beteiligung.
7. Bürgerschaftliches Engagement ist koproduktiv und advokatorisch. Es leistet viel, ergänzt Familiensolidarität und teilt Verantwortung für Sorgeaufgaben. Aber es ist immer auch kritisch.
8. Engagement ist bunt. Es kennt vielfältige Formen, die in einer pluralen Gesellschaft bereits vorhanden sind. Dabei gibt es viele Wege zum Engagement, ob Ehrenamt, Freiwilligendienst oder Selbsthilfe.
9. Bürgerschaftliches Engagement ist Ausdruck der Suche nach neuen Bildern einer guten Gesellschaft. Wenn es gesellschaftliche Kernfragen aufgreift, weist Engagement weit über sich hinaus. Mit „Aktiv im Alter“ wird anschaulich, wie eine beteiligungsorientierte Gestaltung unserer Gesellschaft im demografischen Wandel aussehen kann.
10. „Aktiv im Alter“ lebt von einer lebendigen Zivilgesellschaft und von intelligentem kommunaler Governance (Steuerung unter Einbezug nicht staatlicher Akteure). Dabei sind die Ausgangsbedingungen in deutschen Kommunen sehr verschieden und bedürfen einer infrastrukturellen Flankierung vor Ort, bei der Freiwilligendienste nur ein kleiner Baustein sein können.
Anfang 2011 wird ein Praxisleitfaden veröffentlicht. Dieser beinhaltet Berichte sowie Materialien für eine eigenständige Umsetzung des Programms und wird vom Zentrum für zivilgesellschaftliche Entwicklung (zze) erstellt.

Der Text erschien erstmalig in den BAGSO-Nachrichten 1.2011. Sie können ein Exemplar kostenlos anfordern bei der Pressereferentin Ursula Lenz: lenz@bagso.de.



Autorin: Silke Marzluff

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Von Silke Marzluff

Silke Marzluff ist seit 2007 Mitarbeiterin im Zentrum für zivilgesellschaftliche Entwicklung (zze) und war von 2008-2010 als Projektleiterin für die wissenschaftliche Begleitung des Programms „Aktiv im Alter“ zuständig.

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