Rahmenbedingungen für das Engagement der Älteren

Impulsreferat zur Auftaktveranstaltung „Bürgerschaftliches Engagement der Älteren stärken“ Friedrich-Ebert-Stiftung, Berlin, 24. Januar 2008,

Haderthauer: Wir schaffen den Rahmen, Sie malen das Bild
Foto: Bernd Sterzl - pixelio.de
Was bedeutet Glück? – Eine aktuelle Befragung bestätigt, was wir vermuten: 87 % der Deutschen über 14 Jahren geben die eigene Gesundheit bzw. die Gesundheit der Familie als den wichtigsten Glückfaktor an. Aber auch „sich an den kleinen Dingen des Lebens erfreuen zu können“ ist für viele wichtig, um glücklich zu sein (69%). Allerdings spielt die Freude an den kleinen Dingen des Lebens für die Befragten unter 30 Jahren (55%) eine geringere Rolle als für die älteren Befragten (68,5%). Ein anderer, mit insgesamt 42% ebenfalls recht hoch bewerteter Glücksfaktor liegt darin, sich an Erfolg und Leistung erfreuen zu können. Anders als man meinen könnte, erscheint dies nur 36 % der Vollzeit-Erwerbstätigen besonders wichtig, aber 51% der Rentner und Pensionäre (Bertelsmann Stiftung, 2008). Häufig heißt es, die Suche nach dem Spaßfaktor sei ein auch bei Älteren immer entscheidenderer Beweggrund, sich zu engagieren. Wir wissen, dass es vor allem auch um das Bedürfnis geht, sich daran zu erfreuen, etwas Sinnvolles zum eigenen Nutzen und zum Nutzen anderer zu tun. Vielleicht wird manchmal die Suche nach Spaß mit der Suche nach jenem Glücksfaktor verwechselt, der in der Freude an Erfolg und Leistung liegt. Erfolg und Leistung brauchen jedoch ein entsprechendes Tätigkeitsfeld. Nach dem Ende des Erwerbslebens und wenn die familialen Pflichten in den Hintergrund treten, ist dies für viele der Bereich des Bürgerschaftlichen Engagements.

Wenn in altenpolitischen und engagementpolitischen Leitbildformulierungen auf die besondere Bedeutung des Engagements der Älteren hingewiesen wird, so ist bereits dies in gewisser Weise eine grundlegende Rahmenbedingung. Denn diese Erkenntnis gibt häufig erst den Anstoß, eine Verbesserung der Voraussetzungen und Bedingungen für das Engagement zu postulieren. Dies findet oft Zustimmung, bleibt aber mitunter recht abstrakt. Es erscheint also sinnvoll, in einen fachlichen und öffentlichen Erfahrungsaustausch einzutreten – vor allem auch einen Erfahrungsaustausch unter engagierten und engagementbereiten älteren Menschen selbst – welche Rahmenbedingungen damit im einzelnen gemeint sind, und wie sie aussehen müssen, um zu einer Entfaltung und Stabilisierung des Engagements älterer Menschen beitragen zu können. Dazu im Folgenden einige Impulse. Vorauszuschicken ist: Viele, wenn nicht die meisten Rahmenbedingungen, die als förderlich für bürgerschaftliches Engagement erkannt wurden, haben keinen spezifischen Altersbezug. Sie gelten für alle Altersgruppen. Und eine weitere Überlegung ist voranzustellen. Wenn von spezifischen Präferenzen und Engagementpotenzialen im höheren Lebensalter gesprochen wird, so ist dabei immer auch zu bedenken, wie vielfältig die Lebenslagen und Lebensstile im Alter sind – wie unterschiedlich auch hinsichtlich der vorhandenen Bereitschaften und Möglichkeiten, sich zu engagieren. Die Kerngruppe des Engagements im Alter und seine Hoffnungsträger sind, wie wir wissen die sog. jungen Alten – aber auch innerhalb dieser Gruppe sind nicht nur die Engagementbereitschaften, sondern vor allem auch die für ein Engagement wichtigen Ressourcen sehr unterschiedlich verteilt. Daraus lasst sich bereits ein Hinweis für die Gestaltung förderlicher Rahmenbedingungen ableiten: Soziale Ungleichheiten, die den Zugang zum Engagement verbauen, sollten nicht einfach hingenommen werden. Folgt man der gerontologisch belegten Erkenntnis, dass das Engagement auch für die engagierten Älteren selbst von hohem Wert ist, z.B. weil es neue Möglichkeiten der Aktivität, Sinnerfahrung und sozialen Zugehörigkeit eröffnen kann, so ergibt sich daraus ein differenzierender Ansatz, der durch geeignete Ansprache-, Beratungs- und Bildungsmaßnahmen, aber auch durch entsprechende Aufwandsentschädigungen auch bislang engagementferne Ältere zu erreichen
versucht. In der Regel aber werden diese Menschen allenfalls als Zielgruppe des Engagements wahrgenommen – nicht jedoch als mögliche Akteure. Dieser Hinweis darf in der Diskussion über bessere Rahmenbedingungen des Engagements Älterer nicht unterschlagen werden. Dennoch liegt das zentrale Argument heute nicht in der Kompensation fehlender Ressourcen, sondern in der Schaffung von Gelegenheiten, um vorhandene Ressourcen durch bürgerschaftliches Engagement – im eigenen und im gesellschaftlichen Interesse – besser nutzen zu können. Gesellschaftliches Interesse, Altersbilder und Leitbilder des politischen Handelns Eine grundsätzliche Rahmenbedingung für das Engagement Älterer ist das gesellschaftliche Interesse an diesem Engagement. Dieses Interesse wächst mit den positiven Erwartungen an
den Nutzen. Allerdings stehen die Gelegenheiten, seine Potenziale im Alter durch bürgerschaftliches Engagement gesellschaftlich wirksam unter Beweis zu stellen, nicht einfach bereit. Sie müssen häufig erst erschlossen werden. Gelingt dies und kann es öffentlich sichtbar gemacht werden, so dient das zugleich dem Abbau negativer Altersbilder, was wiederum Rückwirkungen auf das Selbstbild und die Engagementbereitschaft Älterer haben dürfte. Die Politik versucht sowohl das gesellschaftliche Interesse am Engagement der Älteren, wie ihr Eigeninteresse daran zu stärken und die Entwicklung positiver Altersbilder zu unterstützen. Allerdings gilt diese Feststellung bislang nicht für alle Politikebenen in gleichem Maße. Es gibt hier durchaus Unterschiede zwischen einzelnen Bundesländern, und auf der Ebene der Kommunen differenziert sich das Bild noch weit stärker. In vielen Kommunen ist der Zusammenhang zwischen den Herausforderungen des demografischen Wandels und der Notwendigkeit, eine moderne Altenpolitik zu betreiben noch nicht ins Bewußtsein gedrungen – häufig selbst dann nicht, wenn sie bereits massiv von einer alternden und schrumpfenden Bürgerschaft betroffen sind (vgl. Bertelsmann Stiftung, 2005). Dieses Bewußtsein und in der Konsequenz die Formulierung entsprechender Leitbilder für das politische Handeln ist jedoch, wie gesagt, eine wichtige Rahmenbedingung, ja eine Vorausssetzung für die Mobilisierung und Stabilisierung des Engagements der Älteren. Bemühungen, die Rahmenbedingungen für das Engagement Älterer zu verbessern und dafür auch öffentliche Mittel einzusetzen, bedürfen in einer demokratischen Gesellschaft mit ihren Verteilungskonflikten einer expliziten politischen Legitimation; es müssen gute Argumente
dafür gefunden und öffentlich vertreten werden. Hier kann auf die Bezugnahme auf den demografischen Wandel kaum verzichtet werden. Denn die gesellschaftliche Kernfrage vor dem Hintergund des demografischen Wandels heisst ja: Wie können Alterung und Schrumpfung der Bevölkerung so verkraftet werden, dass für alle Generationen ein Optimum an Lebensqualität gesichert wird und der Zusammenhalt der Generationen erhalten bleibt? Alle Lösungsversuche kommen nicht umhin, die Kosten der Alterung in Relation zu den vorhandenen Potenzialen zu setzen. Und es liegt in der Konsequenz sowohl wissenschaftlicher Erkenntnisse wie einer zeitgemäßen und vorausschauenden, einer „demografie-festen“ Seniorenpolitik, bei der Suche nach den Potenzialen zunehmend die Älteren selbst ins Auge zu fassen.

Potenziale des Alters als Leitthema – Grundannahmen, Perspektiven
Die Potenziale des Alters, und damit auch das bürgerschaftliches Engagement im Alter sind zu einem neuen altenpolitischen Leitthema geworden. Vor dem Hintergrund des demographischen Wandels und der damit verbundenen Herausforderungen, aber auch der vorhandenen Kompetenzen und Ressourcen alter Menschen haben politische Konzepte im Schnittpunkt von Altenpolitik und Engagementpolitik bereits heute einen hohen Stellenwert – auch wenn sie noch keineswegs überall realisiert werden. Und die damit verbundenen Grundannahmen und Perspektiven sind von unmittelbarem Einfluss auf die Gestaltung von Rahmenbedingungen für das Engagement Älterer. Wie sehen diese Grundannahmen und Perspektiven aus?

    Die Reduktion der Älteren auf eine gesellschaftlich Rolle als Empfänger von Transferleistungen,
    als Klienten und Konsumenten ist in einer alternden Gesellschaft nicht
    mehr zu verkraften – die Forderung und Förderung einer gesellschaftlichen „Verantwortungsrolle
    für das Alter“ muss dagegengesetzt werden. Das Modellprogramm „Erfahrungswissen
    für Initiativen EFI“ hat sich genau dem gewidmet.
    Die Marginalisierung und Geringschätzung der Produktivität des Alters (innerhalb
    wie jenseits des Erwerbslebens, also auch im Engamentbereich) gefährdet unter dem
    Vorzeichen des demografischen Wandels die gesellschaftliche Entwicklung. Dagegen
    muss Altersproduktivität in ihrem gesellschaftlichen Wert sichtbar gemacht, anerkannt,
    gefördert und genutzt werden.
    Altersrisiken und Alterslasten lassen sich nicht vermeiden, aber sie können durch
    Prävention erheblich aufgeschoben und gemildert werden. Dies setzt neben unverzichtbaren
    staatlichen Sicherungs- und Versorgungsleistungen ein erhebliches Maß an
    Eigenverantwortung und Mitverantwortung voraus, was einerseits einem Bedürfnis
    vieler Älterer entspricht, andererseits gezielt aktiviert und unterstützt werden muss.

Solche Überlegungen können sich auf gerontologische Erkenntnisse berufen, welche die Bedeutung von Selbstverantwortung und einer umfassend definierten Altersproduktivität für ein „gutes Alter“ belegen. Aber, wer wollte es leugnen, eine besondere Dynamik gewinnt die Neujustierung der Altenpolitik aus der Spannung zwischen den massiven Finanzierungsproblemen im öffentlichen Versorgungssystem und dem von Alterskohorte zu Alterskohorte gestiegenen Kompetenz- und Ressourcenniveau. Mittlerweile ist z.B. gut belegt, welchen Beitrag engagierte Ältere für den Erhalt von Lebensqualität in der Kommune leisten können. Hierzu gibt es viele aktuelle Beipiele, etwa aus den Bundesmodellprogrammen „Erfahrungswissen für Initiativen“ und „Selbstorganisation Älterer Menschen“. Der mit solchen Ansätzen
verbundene Perspektivwechsel von der sog. Defizitorientierung auf die Hervorhebung der Potenziale des Alters, manche sprechen sogar von einem Paradimenwechsel, darf jedoch zugleich vorhandene und in Zukunft sicherlich wachsende Autonomie- und Gestaltungsbedürfnisse, den sog. „Eigensinn“ bürgerschaftlich engagierter und zu bürgerschaftlichem Engagement bereiter älterer Menschen nicht außer Acht lassen.

Selbstverpflichtung zur Mitverantwortung statt „Dienstverpflichtung“
In seinem Kern entzieht sich das bürgerschaftliche Engagement – auch der Älteren – einer sozialpolitischen Steuerung von außen. Sozialtechnologisch inspirierte „Verpflichtungsphantasien“ verfehlen die Realität. Ältere engagieren sich nicht, weil sie öffentliche Gelder sparen wollen oder sich als Ausfallbürgen und Lückenfüller für öffentliche Dienste einsetzen lassen wollen. Sie engagieren sich allerdings sehr wohl, wenn sie darin eine Perspektive zur Verbesserung von Lebensqualität sehen – der eigenen, der anderer Menschen und allgemein des sozialen und räumlichen Umfelds im Sinne einer wohlverstandenen Gemeinwohlorientierung. Zugleich verbinden sie damit immer stärker Ansprüche auf Mitgestaltung und Partizipation.

Das Engagement Älterer ist, anders als das Vorurteil manchmal unterstellt, keineswegs rückwärts gewandt oder nur auf eine Stabilisierung der bestehenden Verhältnisse gerichtet. Viele Ältere wollen durch ihr Engament etwas verändern, ihre soziale und räumliche Umwelt aktiv gestalten. Ein solches Engagement ist mitunter äußerst innovativ, und dies wird – die Aufgeschlossenheit der Kooperationspartner vorausgesetzt – auch geschätzt und erwartet, wie die Evaluation des Modellprogramms Erfahrungswissen zeigt (vgl. Engels; Braun; & Burmeister, 2007). Nicht Dienstverpflichtung, sondern freiwillige Selbstverpflichtung macht die Qualität des Engagements aus, von dem ich hier rede. Von daher ist eine Konzentration der Politik auf förderliche Rahmen-Bedingungen sinnvoll, inhaltliche Eingriffe und zu enge Vorgaben können die Engagementbereitschaft lähmen. Allerdings geht es auch um Anregungen und Angebote, um sogenannte Gelegenheitsstrukturen, um die Öffnung von Tätigkeitsfeldern und Institutionen, um die Bereitschaft zu Kooperation und eine Kultur der Parzipation und Wertschätzung.

Der 5. Altenbericht hat das Thema „Die Potenziale des Alters in Wirtschaft und Gesellschaft – Der Beitrag älterer Menschen zum Zusammenhalt der Generationen“. In ihren Leitbildern appelliert die Altenberichtskommission deutlich an die Mitverantwortung der Älteren für die Gestaltung des demografischen Wandels, eine Mitverantwortung der Älteren, die aus den Potenzialen, über die sie verfügen abgeleitet wird. Es geht also um mehr als die Mobilisierung der Älteren als eigenverantwortliche Akteure der Sicherung ihrer privaten Wohlfahrt. Allerdings dürfte die nachhaltige Mobilisierung als mitverantwortliche Engagierte für das Gemeinwesen nur dann gelingen, wenn dies einerseits konkreten Bedürfnissen, Interessen und Fähigkeiten entspricht und sich andererseits eine Passung zwischen ihrem Angebot und den vorhandenen Bedarfen und eine glaubhafte Nachfrage erreichen lässt. Recht, Geld, Infrastruktur und mehr Gute Rahmenbedingungen sind mehr als Recht und Geld und sie erschöpfen sich auch nicht in der Schaffung engagementfördernder Strukturen. Gleichwohl sind mit den Stichworten „Recht, Geld und Infrastruktur“ zentrale Bausteine benannt. Hinsichtlich der rechtlichen und finanziellen Voraussetzungen sind in jüngster Zeit Verbesserungen zu verzeichnen. Mit dem neuen „Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements“ wurden neue steuerrechtliche und finanzpolitische Erleichterungen und Anreize geschaffen – es wird sich zeigen, ob sie ausreichen. Insbesondere für Ältere, die ohnehin kaum Steuern zahlen, sind solche materiellen Anreize nicht sehr attraktiv; die Frage der Aufwandsentschädigung erscheint hier für viele relevanter. Auf der bundespolitischen Agenda steht, auch bei anderen Gesetzen Auswirkungen auf das ehrenamtliche Engagement zu prüfen und die Bedingungen weiter zu verbessern. Dabei geht es vor allem um eine Entbürokratisierung von Verwaltungsstrukturen, die für das Engagement zugänglicher und transparenter werden sollen. Schlechter ist es um die unmittelbare Finanzierung von Strukturelementen der Engagementunterstützung
bestellt. Das Fehlen einer nachhaltigen finanziellen Basis, die über die Förderung eines bunten Straußes von kurzlebigen Einzelprojekten und Modellen hinausreicht, wird
immer wieder beklagt – obwohl alle Experten den Ausbau und die Sicherung einer Infrastruktur von Agenturen zur Unterstützung und Vermittlung von bürgerschaftlichem Engagement (Selbsthilfekontaktstellen, Seniorenbüros, Freiwilligenagenturen) für besonders wichtig halten.

Solche Anlauf- und Informationsstellen können wichtige Funktionen zur Koordinierung und Vernetzung von Engagementangeboten und Nachfrage erfüllen. Ihre Aufgabe ist es, Freiwillige und Organisationen zu beraten und zu informieren, sowie Engagementformen und – möglichkeiten vor Ort zu öffnen. Darüber hinaus bieten sie Möglichkeiten zum Erfahrungsaustausch, stellen Weiterbildung und Supervision bereit und unterstützen die Selbstorganisation von engagierten Älteren (seniorKompetenzteams) durch Öffentlichkeitsarbeit, sowie durch Räume, Bürotechnik, Pc- und Internetzugang). Zur Sicherung der Kontinuität und Verlässlichkeit
sind hauptamtliche Mitarbeiter in den Infrastruktureinrichtungen unverzichtbar (vgl. u.a. Keupp, 2003; Engels, Braun, & Burmeister, 2007). Es wird empfohlen, solchen
Stellen hohe Handlungsautonomie zu gewähren. Als günstig gilt Verbandsunabhängigkeit oder eine plurale Trägerplattform (unter verpflichtender Einbeziehung von Kommune oder Kreis). Wichtig ist hier – die für die gesamte Engagementförderung anzustrebende Querschnittsorientierung, um möglichst vielfältige Zugänge zu Engagementbereichen, Tätigkeitsfeldern und den dort tätigen Institutionen und Organisationen erschließen zu können – etwa Soziales, Gesundheit, Kultur, Ökologie und Sport (Keupp, 2003). Querschnittsorientierung und (verbandliche) Interessenneutralität sind überdies Voraussetzungen, um ein möglichst breites Netzwerk unetrschiedlicher Akteure aufbauen und managen zu können (vgl. Zeman, 2007).

Als wichtige Rahmenbedingung gilt ferner ein politisch förderliches Klima, in dem bürgerschaftliches Handeln als zentraler Bestandteil der politischen Kultur geschätzt wird. In zahlreichen Kommunen und Ländern herrscht immer noch eine Haltung vor, bei der die „Stabilisierung und Aktivierung der Ressourcen und Potentiale, die von den Bürgern in vielen bürgerschaftlichen Gruppen und Organisationen erbracht werden, als eine nachrangige Leistung betrachtet wird, die mangels Finanzen oft nur in reduzierter Form umgesetzt wird“ (Braun & Bischoff, 1999, 204). Für eine produktive zivilgesellschaftliche Handlungsperspektive bedarf es auch kooperativ gestalteter Schnittstellen zur Kommunalverwaltung. Das gleiche gilt für öffentliche Institutionen, deren Öffnung für das bürgerschaftliche Engagement immer wieder Gegenstand der Diskussion ist. Solche Schnittstellen brauchen eine Besetzung mit hauptamtlichem Personal, welches dafür entsprechend qualifiziert ist. Die unverzichtbare Rahmenbedingung einer gezielten Qualifizierung und Weiterbildung für Aufgaben im Rahmen des bürgerschaftlichen Engagements bezieht sich also nicht nur auf die
freiwillig Engagierten selbst, sondern ebenso auf ihre Kooperationspartner in den Institutionen und Organisationen. Freiwillig Engagierte wünschen sich – dies zeigen alle Untersuchungen – Supervision, Qualifizierung und Weiterbildung. Weiterbildungsangebote können nicht nur die von den Engagierten gewünschte und erforderliche Wirksamkeit und Qualität ihrer freiwilligen Tätigkeit verbessern, sie werden auch als ein Zeichen der Anerkennung und Wertschätzung verstanden. Das Modellprogramm „Erfahrungswissen für Initiativen“ hat belegt, dass Weiterbildungsangebote insbesondere auch für die Selbstvergewisserung des mitgebrachten Erfahrungswissens, seine Aufbereitung und Ergänzung, sowie den gezielten Einsatz in freiwilligen Tätigkeiten eine Schlüsselfunktion haben kann. Weiterbildung eröffnet darüber hinaus, den von vielen engagementbereiten Menschen angestrebten Zugang zu neuen Bildungserfahrungen im Sinne eines auch im Alter gewünschten „lebenslangen Lernens“.
Daher gehört es zu einer Verbesserung der Rahmenbedingungen des Engagements Älterer, auch Bildungsinstitutionen systematisch einzubinden, zumal es hier mittlerweile sehr qualifizierte Akteure und erprobte Curricula gibt (vgl. z.B. Burmeister, 2007; Burmeister, Heller, & Stehr, 2005).

In den kommunalen Förderstrukturen für die Aktivierung und Unterstützung bürgerschaftlichen Engagements ist eine ausreichende Finanzierung notwendig, damit eine differenzierte und professionelle Profilbildung möglich ist. Die bisherige Erfahrung zeigt, dass die Formel gilt, dass eine Kommune umso mehr aus der Freiwilligenkultur zurückbekommt, je mehr sie investiert. Die Basisfinanzierung für kommunale Förderstrukturen bürgerschaftlichen Engagements ist sicherlich am ehesten durch Mischfinanzierungen zu sichern, aber es müssen berechenbare und verlässliche Förderanteile aus öffentlichen Mitteln gewährleistet werden. Auf der Basis einer gesicherten Grundfinanzierung sollten die kommunalen Infrastrukturen der Engagementförderung Fonds für spezielle kommunale Projekte bilden. Dies kann durch die
Schaffung von Bürgerstiftungen erfolgen, z.B. auch in Kooperation mit der Wirtschaft (Keupp, 2003). Lokale Unterstützungsstrukturen der Engagementförderung bedürfen jedoch auch der Ergänzung und Unterstützung durch überregionale Netzwerke, die als Foren des Erfahrungsaustauschs, zur Weitergabe von Beispielen guter Praxis und für die überörtliche Lobbyarbeit gestärkt und weiter ausgebaut werden sollten. Dies gilt z.B. für die Unterstützungsagenturen selbst (hier gibt es auf nationaler Ebene die Bundesarbeitgemeinschaft Seniorenbüros e.V.“ und die „Bundesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen e.V.), aber auch für selbstorganisierte
Formen des bürgerschaftlichen Engagements (wie der von Seniortrainern gebildete überregionale Zusammenschluss namens EFI Deutschland). In einigen Bundesländern haben sich ebenfalls überregionale Gremien gebildet, die als Foren des Austausch, der wechelseitigen Anregung, der Fortbildung und Öffentlichkeitsarbeit, als Impulsgeber und Multiplikatoren einer strukturellen Engamententwicklung dienen. Solche nationalen bzw. überregionalen Organisationen brauchen Ressourcen, um eine qualifiziert arbeiten zu können. Die reiche Initiativenkultur in einigen Bundesländern ist, wie die Engagementforschung zu recht betont, nicht zuletzt entsprechenden Netzwerken und Geschäftsstellen zu verdanken. Vor allem aber auch einer Verankerung der allgemeinen und altenpolitischen Engagementförderung in ministeriellen Stabsstellen und spezifisch damit befassten Referaten. Durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) wird gegenwärtig auf Bundesebene eine Bündelung der Engagementförderung betrieben, die unter dem Titel „Miteinander – Füreinander“ neue Impulse zur Anerkennung, Weiterentwicklung und Stärkung des Engagements geben will. Neben Vorhaben zur allgemeinen Engagementförderung sind darin auch generationenübergreifende
und generationenverbindende Modellprogramme („Freiwilligendienste aller Generationen“, „Mehrgenerationenhäuser“) eingebunden, sowie ein neues Modellprogramm
im Schnittpunkt von Alten- und Engagementpolitik („Alter schafft Neues“), mit dem eine soziale Bewegung für eine aktive Rolle des Alters und bessere Partizipation älterer Engagierter in der Kommune angestoßen werden soll.

Eine weitere Rahmenbedingung – bereits seit langem in der Diskussion und mittlerweile auch vielfach realisiert – ist die Gewährleistung eines angemessenen Haftpflicht- und Unfallversicherungsschutzes durch eine Kooperation zwischen Staat, zivilgesellschaftlicher Organisationen und Versicherungswirtschaft. Ebenso lange gefordert, aber meines Wissens noch kaum realisiert wird der Ausgleich von Aufwandskosten.

Damit habe ich nun eine ganze Reihe von Rahmenbedingungen angesprochen, die für Förderung des Engagements Älterer wichtig sind – sicher noch nicht alle. Was z.B. noch fehlt ist das Thema „Öffentlichkeitsarbeit“. Auf einen anderen sehr wichtigen Baustein, der übrigens auch mit der Öffentlichkeitsarbeit zusammenhängt, möchte ich jedoch noch kurz eingehen: die sogenannte Anerkennungskultur. Hierzu gibt es eine Empfehlung der Enquetekommission Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements, die unvermindert aktuell ist: Anerkennung ist nicht auf einzelne Instrumente zu beschränken, sie muss vielmehr der Vielfalt und Unterschiedlichkeit von Engagementformen und -feldern gerecht werden. Anerkennungskultur umfasst traditionelle und neuere Formen der Würdigung und Auszeichnung, Möglichkeiten der
Partizipation in Einrichtungen, Diensten und Organisationen, die Bereitstellung sachlicher, personeller und finanzieller Ressourcen, das Sichtbarmachen des Engagements in der Öffentlichkeit und in den Medien sowie Angebote der Fort- und Weiterbildung. Dabei ist Anerkennung sowohl eine Aufgabe von Staat und öffentlicher Verwaltung als auch von Vereinen, Verbänden und anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen.

Ich möchte hier einen kleinen Hinweis auf die gängigen Anerkennungsformen hinzufügen: Dazu gehören Zertifizierungen, Freiwilligenpässe, kleine Geschenke, Vergünstigungen bei der Nutzung verbandlicher und öffentlicher Dienste und Angebote, ein Blumenstrauß, ein gemeinsames Festessen – und nicht zu vergessen die goldene Ehrennadel, das Bundesverdienstkreuz und der Handschlag des Bundespräsidenten, auf Länderebene eines Ministerpräsidenten. Hinzuzufügen ist aber auch, dass Anerkennung sich vor allem auch im Kontext der konkreten Ausübung des Engagements zeigt: in der Gewährung von professioneller Unterstützung und Gestaltungsspielräumen, in partnerschaftlicher Kooperation mit Hauptamtlichen. All dies keine Selbstverständlichkeiten, angesichts der beklagten unzureichenden Öffnung von Institutionen und Organisationen für das bürgerschaftliche Engagement. Qualifizierung als zentraler Baustein einer umfassenden Anerkennungskultur – so weiter die Enquetekommission – knüpft an das Bedürfnis der Engagierten nach Selbstentfaltung, Persönlichkeitsentwicklung und Mitgestaltung an. Die Enquete-Kommission empfiehlt die Weiterentwicklung bereits bestehender und den Ausbau zusätzlicher Angebote und Maßnahmen der Qualifizierung. Qualifizierungsstrategien sollten sich, darauf habe ich bereits hingewiesen, nicht allein auf die bürgerschaftlich Engagierten konzentrieren, sondern ebenso auf die hauptberuflich Tätigen und auf die Organisationen (Deutscher Bundestag, 2002).

Den Vortrag, mit Literaturverzeichnis, gibt es als PDF-Datei zum Download hier Vortrag Peter Zeman

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