Fachtag zum Thema Demenz

Die Diagnose Demenz löst bei Betroffenen und ihren Angehörigen gleichermaßen Erschrecken aus. Eine verständliche Reaktion, denn die Erkrankung berührt den Menschen in seinem tiefsten Inneren – in seiner Persönlichkeit.“. Mit diesen Worten eröffnete stellvertretende Landrätin Christine Haupt-Kreutzer die Fachtagung zum Thema Demenz im Landratsamt Würzburg.

Eine Demenzerkrankung bedeutet aber nicht nur eine Herausforderung für die Betroffenen und ihre Familien, sondern auch für das Zusammenleben in der Gesellschaft. Um die Öffentlichkeit für dieses Thema zu sensibilisieren, veranstaltete das Gesundheitsamt Würzburg den Fachtag „Demenz“. Die gut 80 Teilnehmer waren überwiegend Fachkräfte aus stationären und ambulanten Einrichtungen, es kamen aber auch Privatinteressierte und Angehörige.

Das Alter ist größter Risikofaktor für Demenzerkrankung
Zu Beginn des Fachtages erläuterte Privatdozent Dr. Martin Lauer vom Zentrum für Psychische Gesundheit (ZEP) am Universitätsklinikum Würzburg, dass das Alter wissenschaftlich gesehen der größte Risikofaktor für die Entstehung einer Demenz sei. Dr. Lauer plädierte vor allem für eine frühzeitige Prävention und Diagnostik: „Immerhin könnten ein Drittel aller Demenzformen durch einen gesunden Lebensstil verhindert, verzögert oder gar vermieden werden“, so Dr. Lauer. „Den größten Einfluss scheint hierbei der Faktor Bewegung zu haben: Bewegungsmangel erhöht das Risiko, an einer Demenz zu erkranken, um 80 Prozent.“

Dr. Carolin Leistner, ebenfalls vom ZEP Würzburg, stellte im Anschluss die Spezialambulanz für Gedächtniserkrankungen am Universitätsklinikum vor. Zielsetzung der Spezialambulanz sei es, dementielle Erkrankungen möglichst frühzeitig zu erkennen, um die Alltagskompetenz der Patienten ausgehend von einem individuellen Behandlungskonzept möglichst lange zu erhalten.

Nach einer Terminvereinbarung können die Patienten mit einer entsprechenden Überweisung durch den Haus- oder Facharzt in die Ambulanz kommen. „Neben der Diagnosestellung betreuen wir die Patienten auch über den Krankheitsverlauf hinweg“, betonte Dr. Leistner.

Körperliche Bewegung und geistige Aktivierung als Gegenmittel
Otmar Ehehalt vom Bezirkskrankenhaus Lohr am Main grenzte in seinem anschließenden Vortrag „Geistige Aktivierung bei Demenzerkrankungen“ zunächst die Begrifflichkeiten „Gedächtnistraining“, „Kognitives Training“ und „Geistige Aktivierung“ voneinander ab. „Wir bevorzugen den Begriff der Geistigen Aktivierung. Denn demente Patienten kann man nicht trainieren“, erklärte Ehehalt in seinen Ausführungen. Ziele dieser Therapie sind Freude am Leben, Wohlbefinden und die Lebensqualität zu erhalten.

Unterstützung für pflegende Angehörige
Sabine Seipp von HALMA e.V. stellte die psychosoziale Beratung von pflegenden Angehörigen vor. Seit 1992 begleitet HALMA pflegende Angehörige. Die Beratungstätigkeit umfasst auch die Unterstützung in der Orientierungs- und Entscheidungsfindung unter Berücksichtigung der persönlichen und sozialen Bewältigungsressourcen. Als Beratungs-, Unterstützungs- und Vernetzungsstelle biete HALMA neben der Angehörigenarbeit auch eine Pflegeberatung vor Ort in Stadt und Landkreis Würzburg an.

Unter dem Titel „Pflegebedürftig – was nun?“ gab Susanne Korbmann von den Senioreneinrichtungen des Landkreises Würzburg den Teilnehmern des Fachtages Informationen zum Pflegestärkungsgesetz II. Sie informierte über die Neuerungen, auch unter dem Aspekt eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs. Insbesondere Demenzerkrankte sollen durch das Gesetz von einer besseren Einstufung profitieren.

Erdbeeren schälen erlaubt!
Dem Thema „Umgang mit herausfordernden Verhaltensweisen“ widmeten sich am Nachmittag Sonja Brandtner und Annette Arand vom Verein wohlBEDACHT e.V. – Wohnen für dementiell Erkrankte in München. Nachdem die beiden Referentinnen selbst viele Jahre in der Pflege tätig waren, gründeten sie im Jahr 2000 den Verein, der sich auf die Begleitung von Demenzkranken mit auffälligen Verhaltensweisen und ihre Angehörigen spezialisiert hat. So signalisiert bereits ihr Slogan „Erdbeeren schälen erlaubt“, dass in den Pflegeeinrichtungen besonderer Wert auf die Bedürfnisse ihrer Bewohner gelegt wird. So reagieren die Mitarbeiter auf individuelle Verhaltensauffälligkeiten lösungsorientiert und kreativ: „Einer unserer Patienten warf immer alle meine Bürosachen aus dem Fenster: Ordner, Stifte, usw. Wir haben ihm daraufhin Schachteln ans Fenster gestellt und von da an warf er nur noch diese aus dem Fenster.“, so Annette Arand.

Die soziale Dimension der Demenz
Der Fachtag wurde von Prof. Dr. Reimer Gronemeyer, Universität Gießen, mit seinem Einblick in die „soziale Seite der Demenz“ abgerundet. Auf humorvolle Art und Weise und mit vielen Geschichten aus dem Leben hob Gronemeyer die Notwendigkeit einer wertschätzenden Gesellschaft im Umgang mit Demenzerkrankten hervor.

Die Fachtagung bildete einen regionalen Veranstaltungspunkt innerhalb der Schwerpunktkampagne „Mein Freiraum. Meine Gesundheit. In jedem Alter“ des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege und wurde zu Teilen daraus finanziert und vom Gesundheitsamt für Stadt und Landkreis Würzburg organisiert.

Bildunterschrift:
Referenten und Organisatoren des Fachtages Demenz (v.l.): Tonia Ebner, Sonja Brandtner, Stephanie Scheckenbach, Susanne Korbmann (hinten), Wibke Schmidt (vorne), Dr. Carolin Leistner, Dr. Martin Lauer, Annette Arand, Otmar Ehehalt, Sabine Seipp.
Foto: Eva Schorno

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